Parlamentarismus

Gedanken zur Lage und Geschichte des Parlamentarismus und Informationen zu seiner historischen Erforschung
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Die Rückkehr des Charismas

August 24, 2008 By: Parlamentshistoriker Category: Wahlkampf

9. September 1948: Während der Berlin-Blockade wendet sich Bürgermeister Ernst Reuter in einer berühmten Rede vor dem Reichstag an die Völker der Welt und bittet sie um ihre Unterstützung.

26. Juni 1963: Zwei Jahre nach dem Mauerbau besucht der amerikanische Präsident John F. Kennedy Berlin (West). Vor dem Schöneberger Rathaus versichert er einer begeisterten Menschenmenge die amerikanische Unterstützung mit den unsterblich gewordenen Worten »Ich bin ein Berliner«.

45 Jahre später überlegt der Stab eines amerikanischen Präsidentschaftskandidaten, wie und wo sich der Kandidat mit einer außenpolitischen Rede in Szene setzen könnte.
Die erste Wahl fällt auf das Brandenburger Tor in Berlin. Da Bundeskanzlerin Merkel Vorbehalte gegen die Instrumentalisierung dieses Symbols im amerikanischen Wahlkampf äußert, verlegt Barack Obama seine Rede an die Siegessäule – in Sichtweite des Brandenburger Tors.

27. Juni 2008 Obama führte am Vormittag mehrere Gespräche mit deutschen Politikern. Die deutsche Presse verzeichnete jeden seiner Schritte minutiös.
Zusammen mit einigen Kollegen beschloß ich, der ersten (?) transatlantischen Wahlveranstaltung als Zeitzeuge beizuwohnen. Die Sicherheitskontrollen waren denen von Transatlantikflügen vergleichbar. Immerhin mussten wir nicht unsere Schuhe ausziehen. Das Mitbringen von Transparenten war von den Veranstaltern nicht erwünscht. Dieses frei schwenkbare 360-Grad-Panorama vermittelt einen guten Eindruck vom Ort des Geschehens.
Fuer mich als Teilnehmer circa 50 Meter von Obama entfernt wirkte sein Auftritt weit weniger charismatisch und aufregend als für den Fernsehzuschauer. In den ersten Minuten ueberlegte ich, wann wir einmal Gelegenheit zum Beifall erhalten würden. Man konnte seinen Ausführungen problemlos zustimmen, weil sie so allgemein blieben.
Obama zitierte aus der Rede Reuters und erinnerte an die Luftbrücke. In einer Stadt, welche die Schließung des Flughafens Tempelhof beschlossen hat, wollte sich zu diesen Worten keine Begeisterung einstellen.
Auffallend war, dass Obama das Ende von Beifallsbekundungen nicht abwartete, sondern weitersprach. Dies ist – wie ich vermute – damit zu erklären, dass der Redetext auf seinem Teleprompter weiterlief.
Ein anderer Zeitzeuge deutete das Geschehen hingegen folgendermaßen:

Eine besonders surreale Situation ergab sich dadurch, dass auch der zwischendurch aufbrausende Beifall dieselben Hall-Effekte, Verzögerungen und verschobenen Einsätze aufwies wie die Tonübertragung. Vermutlich kam dies schlicht dadurch zu Stande, dass die im Publikum verteilten Obama-Aktivisten ja schon genau wussten, wann sie klatschen und jubeln mussten, und es eine gewisse Zeit brauchte, bis die Umgebung das aufnahm. Da im inneren Zirkel in der Übertragungsnähe natürlich die meisten Claqueure konzentriert waren, kam ein Teil davon mit der entsprechenden Verzögerung dann über die Lautsprecher. Für Außenstehende entstand dadurch aber der absurde Eindruck, es würde in schöner amerikanischer Tradition an den richtigen Stellen der Beifall eingespielt. Was man ja angesichts der ganzen Inszenierung auch nicht ausschließen kann.

Obamas mich an Predigten in den USA erinnernde Rhetorik ist für das deutsche Ohr ungewohnt. Keiner deutscher Politiker hat dieses Pathos in der Stimme.
Sicherlich spielte auch eine Rolle, dass mich nie das Gefühl verließ, nur als »Jubeldeutscher» an einer Wahlveranstaltung teilzunehmen, aber nicht wählen zu dürfen.

»Das ist unser Moment. Das ist unsere Zeit», rief Obama seinen Zuhörern zu. Er versicherte, Probleme wie die Friedenssicherung, die Nichtverbreitung von Atomwaffen und den Klimawandel multilateral lösen zu wollen – unter zunehmenden Beifall des Publikums.

Stunden bevor Obama in den USA auf der Rückkehr von seiner Europareise landete, kritisierte McCains Sprecher Tucker Bounds dessen Verzicht, verwunderte Soldaten im Militärkrankenhaus in Landstuhl zu besuchen:

“You know, it really speaks to the experience that Barack Obama lacks. He prioritizes throngs of fawning Germans over meeting with wounded combat troops in Germany.”

In den deutschen Medien wurde darüber gestritten, wie diese Kritik zu bewerten sei. Sicherlich war dies nicht als Kompliment gemeint. Wie würde Bounds Deutsche bezeichnen, die einem Präsidenten McCain zujubeln? Transnationale Wahlkampfveranstaltungen haben ihre eigenen Probleme.

Fazit: Als Teilnehmer der Veranstaltung fühlte ich mich an die Übertragung von Fußballspielen ohne deutsche Beteiligung auf der Fanmeile erinnert: Langes Warten auf den Anpfiff, ab und zu Jubel bei Torszenen, aber kein emotionaler Bezug zum Geschehen.

Netzwerk Historische Parlamentarismusforschung

Juli 31, 2008 By: Parlamentshistoriker Category: Europa, Forschungsinstitut

Im Oktober 2007 konstituierte eine Initiativgruppe das Netzwerk Historische Parlamentarismusforschung in Berlin, der Vertreter der Hellenic Parliament Foundation, des Instituts für Zeitgeschichte in Ljubljana, des Centrum voor Parlementaire Geschiedenis in Nimwegen und der KGParl in Berlin angehörten.
Das Netzwerk Historische Parlamentarismusforschung in Europa möchte den Austausch und die Verbreitung von Wissen sowie die Förderung von vergleichenden Studien über die Entwicklung der parlamentarischen Kultur in Europa fördern.
Die vom Montesquieu Instituut in Den Haag betreute Homepage »euparl.net« fordert interessierte Forscher und Institutionen auf, Mitglied zu werden.

Zeitschriftenseite überarbeitet

Juli 09, 2008 By: Parlamentshistoriker Category: Zeitschrift

Ich habe die Seite über die Zeitschriften, die sich mit dem Parlamentarismus und seiner Geschichte beschäftigen, aktualisiert.
Wie bei der Seite über die Forschungsinstitute muss vorerst die ursprüngliche html-Seite aufgerufen werden.
Die jeweilige Seite zu einer Zeitschrift informiert über den Herausgeber, den Schwerpunkt und verweist auf die Homepage.

Forschungsinstitute aktualisiert

Juli 08, 2008 By: Parlamentshistoriker Category: Forschungsinstitut

Die Seite über die – außeruniversitären – Forschungsinstitute wurde aktualisiert. Entfernt wurden Institute wie die “Foundation for the Development of Parliamentarism in Russia”, deren Tätigkeit nicht mehr verifiziert werden konnte.
Aus Bequemlichkeitsgründen habe ich vorerst darauf verzichtet, die ursprüngliche html-Seite in WordPress zu übernehmen.
Die Seite enthält eine kurze Charakterisierung der Institute, geht auf ihre Geschichte und Publikationen ein und verweist auf die Homepage des jeweiligen Instituts.

Willkommen beim Parlamentarismus-Portal

Juli 07, 2008 By: Parlamentshistoriker Category: Bücher, Forschungsinstitut, Konferenz, Zeitschrift

Willkommen beim Parlamentarismusportal!
Auf diesen Seiten erhält der geneigte Surfer Informationen über die wissenschaftliche Erforschung desjenigen Regierungssystems, bei welchem die vom Volk gewählten Angeordneten über die Gesetzgebung bestimmen und die Regierung kontrollieren – den Parlamentarismus.
Auf den Seiten Bücherschau, Zeitschriften, Zeitschriftenschau, (Forschungs)Preise,
Forschungsinstitute und Konferenzen finden sich – regelmäßig aktualisierte – Informationen zur Parlamentarismusforschung.
Die Linkliste verweist auf (externe) Seiten.
Nach der Umstellung auf WordPress werden demnächst Beiträge zum aktuellen Geschehen veröffentlicht werden.
Kommentare und Hinweise sind jederzeit willkommen!