Parlamentarismus

Gedanken zur Lage und Geschichte des Parlamentarismus und Informationen zu seiner historischen Erforschung
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Tagungsbericht zum Workshop Europäisierung – Forschungsfragen und Perspektiven

September 24, 2016 By: Parlamentshistoriker Category: Konferenz

Jens Weinhold hat für die Mailingliste hsozkult einen Bericht zum Workshop „Europäisierung – Forschungsfragen und Perspektiven“ verfasst, der hier mit der Erlaubnis des Autors abgedruckt wird.

Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen
Parteien (KGParl)
17.06.2016, Berlin

Bericht von Jens Weinhold, Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl), Berlin

Die Berührungspunkte der historischen Parteien- und Parlamentarismusforschung mit dem überwiegend von der Politikwissenschaft bestimmten Feld der Europastudien sind bisher noch gering. Dort wo es bereits genuin historische Perspektiven auf den Prozess der europäischen Integration und im Besonderen auf die beteiligten Parteien und Parlamente gibt, wurden diese bislang oft von einigen wenigen „Einzelkämpfern“ entwickelt. Der von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl) veranstaltete interdisziplinäre Workshop diente dem Zweck, die Vernetzung zwischen historisch arbeitenden Europaforschern zu fördern und sich gleichzeitig mit Vertretern der Nachbardisziplinen über Trends und Methoden der aktuellen Forschung auszutauschen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Identifizierung von Konzepten und Fragestellungen, die bisher von der zumeist quantitativ arbeitenden Forschung übersehen wurden und/oder vom spezifischen Kompetenzprofil der Geschichtswissenschaft profitieren könnten.

In seinen Eröffnungsworten verwies ANDREAS SCHULZ (Berlin) auf das Erkenntnisinteresse der KGParl, die sich von ihrer ursprünglichen Fokussierung auf die deutsche Geschichte gelöst habe, um Parlamentarismus in Europa in einer vergleichenden Perspektive analysieren zu können. Diese Erweiterung des Forschungsprofils mündete u. a. in der Initiierung eines Netzwerks von Instituten der historischen Parlamentarismusforschung in Europa[1] sowie eine Tagungsreihe zu „Parlamentarischen Kulturen in Europa“[2]. Als Forschungsergebnis kann man von einem historisch gewachsenen parlamentarischen Kulturraum Europa sprechen, geprägt durch gemeinsame Erfahrungen der Konvergenz von Demokratie und Parlamentarismus, den Transfer von Ideen und Institutionen sowie eine Angleichung des parlamentarischen Alltags und der Lebenswelten der Abgeordneten unter den Auspizien der Modernisierung seit dem 19. Jahrhundert. Dieser nationalstaatlich verankerte Grundstock an Vorprägungen und politischen Handlungsinstrumenten beeinflusse, so Schulz, die politische Praxis der europäischen Institutionen. Deshalb gelte es, eine Verbindung von historischer Parlamentarismusforschung und gegenwartsorientierten Europastudien herzustellen. Als Brücke zwischen diesen zumeist getrennt operierenden Forschungsfeldern biete sich ein weit gefasster Begriff von „Europäisierung“ an, der die Divergenz und Mehrdimensionalität der europäischen Einigungsprozesse in einer Langzeitperspektive erfassen könne.

ANDREAS WIRSCHING (München) vertiefte anschließend diese Überlegungen, indem er den Begriff der Europäisierung in Beziehung zur Globalisierung setzte. Er plädierte dafür, nicht von jeweils fertigen Forschungskonzepten auszugehen, sondern beide Begriffe heuristisch zur Formulierung von Thesen und Identifikation von Forschungsgegenständen und -themen zu nutzen. In diesem Sinne könne man fragen, wie Europa als weltweiter Akteur erscheint, sowohl aktiv als auch passiv, handelnd oder reagierend. Wirsching unterschied „Treiber der Globalisierung“ und „Treiber der Abschottung“, um die dialektische Beziehung von Globalisierung und Europäisierung in einer Analyse der umfassenden Liberalisierungstendenzen in verschiedenen Gesellschaftsbereichen seit den 1970er-Jahren zu entschlüsseln. Als Treiber der Globalisierung nannte er die Bereiche Wirtschaft, Technik, Bildung und Forschung sowie die Massenkultur. In diesen Politikfeldern sei eine verstärkte europäische Integration als Reaktion auf die Herausforderung einer exponentiell zunehmenden globalen Verflechtung zu verzeichnen. Treiber der Abschottung gegenüber der weltweiten Verflechtung erkannte Wirsching hingegen in der europäischen Migrations- und Flüchtlingspolitik, dem Beharren auf einem eigenen, gegen den Manchester-Liberalismus gerichteten Modell der Sozialstaatlichkeit sowie der gemeinsamen Sicherheitspolitik. Im Anschluss wurde die Hypothese diskutiert, dass sich die Attraktivität Europas aus der normativen Aufladung des europäischen Einigungsprojektes ergebe, die aber auch stets neue Abschottungstendenzen provoziere. Demokratietheoretisch gewendet bedeutet dies, dass die Grundlagen des westeuropäischen Politikmodells und damit der Europäisierung selbst mit dieser stetigen Ausdehnung unterminiert würden, da den Eliten in Brüssel und Straßburg der Kontakt zu ihrem Souverän zunehmend verlorenzugehen droht.

Nach diesen grundlegenden Explorationen des Forschungsfelds gewährten die weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer Einblicke in ihre aktuellen Forschungsprojekte. Drei wesentliche Arbeitsfelder gegenwärtiger Europastudien wurden dabei präsentiert: die Sozialisation der Europäischen Eliten im vielzitierten „Raumschiff Europa“, der eigen-sinnige Umgang von Parlamenten und Parteien mit den europäischen Integrationsschüben in den Mitgliedsstaaten sowie das Sprechen in und über Europa als Ausdruck eines gemeinsamen diskursiven Referenzraumes.

Dem ersten Themenbereich widmete sich GABRIELE CLEMENS (Hamburg) in ihrem Referat zur europäischen Außenpolitik, genauer: zur Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) zwischen 1970 und 1981. Ausgehend von der häufig aufgestellten These, dass die EPZ zur Europäisierung durch Sozialisierung der handelnden Politiker beigetragen habe, untersuchte sie, ob sich die Formen oder Wahrnehmungen von Außenpolitik durch die intensive gemeinsame Arbeit auf europäischer Ebene verändert haben. Nach der Auswertung umfangreichen internen Aktenmaterials aus Frankreich, Belgien und Großbritannien (in einem möglichst lückenlosen „process tracing“) falle das Ergebnis ernüchternd aus: Europäisierung habe sie nur in Ansätzen bei den technischen Beratern in den EPZ-Gremien beobachten können. Bei diesen haben sich teilweise gemeinsame Denkstrukturen und Problemwahrnehmung gezeigt, nicht jedoch bei den politischen Verantwortungsträgern, die in ihren Entscheidungen an den jeweiligen nationalen Eigeninteressen festhielten. In der Diskussion wurde angeregt, Gemeinschaftshandeln und nationale Prärogative nicht gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sei Europäisierung bzw. der „Gang nach Europa“ als ein Teil des politischen Werkzeugkastens zu begreifen, dem sich die Mitgliedstaaten jeweils taktisch bedienten, wenn es ihnen zur Durchsetzung ihrer strategischen Ziele geraten erschien. Zudem würde auch eine rein machtstrategisch motivierte punktuelle Zusammenarbeit Arbeitsgrundlagen und Vertragspapiere hervorbringen, die dann wiederum Einfluss auf künftiges politisches Handeln generieren.

Aus dem Blickwinkel der historisch-politischen Anthropologie referierte KATJA SEIDEL (London) über ihre Forschungen zu Beamten der Europäischen Kommission und EU-Topjuristen. Im Zuge der Analyse des „sozialen Feldes“ (Bourdieu) dieser Funktionseliten sei deutlich geworden, dass die früheren Pauschalurteile über eine zwangsläufige „Europäisierung“ im Sinne einer Sozialisation pro Europa revisionsbedürftig seien. Zwar würden gemeinsame Erfahrungen im Zuge einer transnationalen Karriere in den EU-Institutionen für die Angehörigen dieser Elite immer mehr zur Normalität, aber selbst deren Alltagserfahrung sei stets von multiplen Rollen und polaren Abhängigkeiten und Zugehörigkeiten geprägt. Das Problem bestehe nun darin – wie in der Diskussion hervorgehoben wurde -, dass diese europäischen Kaderschmieden vom Rest der Bevölkerungen wie in einem Raumschiff abgekapselt erschienen, woraus sich zum Teil auch das aktuelle Legitimationsdefizit der Europäischen Union ergebe. Katja Seidel verwies allerdings ebenfalls darauf, dass sich etwa die Europäische Kommission auch nur deswegen etabliert habe, weil sie sich in der Konkurrenz zu anderen Akteuren erfolgreich über ihre Expertenkultur profilieren konnte.

ANDREAS MAURER (Innsbruck) benannte in seinem Vortrag weiteren Forschungsbedarf bezüglich der Frage, welche Möglichkeiten die EU-Verträge den Parlamenten der Mitgliedsstaaten einräumten, am Prozess der europäischen Integration zu partizipierten und wie stark diese genutzt würden. So habe der Vertrag von Lissabon die Interaktion der nationalen Parlamenten mit der Europäischen Kommission befördert, die Einflussmöglichkeiten gegenüber den anderen Institutionen wie Ministerrat oder Europäischem Parlament (EP) seien hingegen nur schwach ausgeprägt. Eine quantitative Auswertung der mit EU-Vorgaben befassten Vorgänge wiederum offenbare bereits große Unterschiede zwischen den verschiedenen Nationalparlamenten. Hier verspräche eine hermeneutische Perspektive darauf, wie die Volksvertretungen der Mitgliedsstaaten Gestaltungspotentiale in Europa wahrnehmen und auf diese reagieren, neue Erkenntnisse.

ARON BUZOGÁNY (Berlin) referierte über den Umgang der osteuropäischen Staaten mit ihrer Integration in die Europäische Union und der Abwanderung von Entscheidungskompetenzen aus dem nationalen Rahmen „nach Europa“. Er identifizierte dabei die horizontale Kommunikation zwischen den nationalen Parlamenten als jene Handlungsebene, die bisher von den Europäischen Verträgen ebenso wie von der Europaforschung zu stark vernachlässigt worden sei. In allen Arenen des Mehrebenensystems gebe es bilaterale Interaktionen, die einer weiteren Aufarbeitung ob ihres Beitrags zur europäischen Integration harrten. In Anknüpfung an Maurer verwies Buzogány auf Ansätze der Organisationssoziologie, um zu untersuchen, wie die Parlamente Osteuropas einerseits auf die formalen Anpassungserwartungen reagierten und andererseits ihre informellen Einflussmöglichkeiten gegenüber der EU nutzten, wie sie also mit der Europäisierung umzugehen lernten. Auch das individuelle Framing von Erfahrungen mit der europäischen Integration sei hier zu nennen, denn grundsätzlich seien Europafragen für die Mehrheit der Abgeordneten, ebenso wie für ihre Wähler, oft nachrangig. In dieser Hinsicht bestehe also Nachholbedarf hinsichtlich der Responsivität der EU-Eliten gegenüber den (ausbleibenden) Wünschen und Vorstellungen ihrer Bürgerinnen und Bürger.

MARTINA STEBER (München) skizzierte die Potentiale einer europäischen Parteiengeschichte, die die Auswirkungen der europäischen Integrationsprozesse in ihren verschiedenen Phasen und vielfältigen Wirkungen herauszuarbeiten habe. Es gebe noch Forschungsbedarf bezüglich der Ausgestaltung der Europaidee(n) durch die verschiedenen Parteien sowie ihren Reaktionen auf die Herausforderung der europäischen Integration generell. Immerhin entstand hier ein neuer Möglichkeitsraum, der ideologische Orientierungspunkte veränderte und neue programmatische Antworten erforderte. Auch die Rekonstruktion der bilateralen Parteikontakte in andere Mitgliedsländer gehöre in diesen Aufgabenbereich. Eine in solcher Weise erneuerte Parteiengeschichte müsse jene dabei in ihrer Vielgestaltigkeit ernstnehmen, und die etablierten Forschungen zu den europäischen Parteifamilien über die Parteiführer hinaus auf die internen Experten, Verwaltungsapparate oder Frauen- und Jugendgruppen ausdehnen. Systematische gruppenbiographische Untersuchungen zu den europäischen Funktionseliten identifizierte sie als weiteres Forschungsdesiderat. Ein besonderes Augenmerk sei weiterhin auf die Bedeutung der Sprache im europäischen Integrationsprozess zu legen. Es gelte zu klären, inwiefern die Vielsprachigkeit der europäischen Mitgliedsstaaten die politische Zusammenarbeit beispielsweise in den Fraktionen beeinflusste oder wie politische Begriffe zwischen verschiedenen Diskurssystemen zirkulierten und dadurch neue politische Handlungsperspektiven eröffneten.

Diese allgemeine Forderung nach einer hermeneutischen Perspektive auf die Begriffsgeschichte der europäischen Integration versucht CLAUDIA WIESNER (Darmstadt / Jyväskylä) in ein konkretes Forschungsdesign zu übersetzen. Im Sinne einer conceptual history möchte sie Plenar- und Ausschussprotokolle sowie EU-Policy-Dokumente daraufhin untersuchen, welche Begriffe, Konzepte und Argumente die europäische Integration in verschiedenen Ländern vorantrieben oder veränderten. Als Fallbeispiele argumentierte sie für Deutschland und Frankreich als treibendende Kräfte der europäischen Einigung und Großbritannien als deren größten Widersacher, wobei in der Diskussion die Schwierigkeiten einer solchen Klassifizierung erörtert wurden.

INES SOLDWISCH (Aachen) steuerte den letzten Beitrag zum Themenbereich „Sprechen in und über Europa“ bei, in dem die Debatten des EP im Fokus standen. In ihrem Forschungsvorhaben soll die „Selbsterfindung Europas“ in den EU-Erweiterungsdebatten analysiert werden. Dabei gelte es zu untersuchen, inwiefern sich das generelle Wachstum an Zuständigkeiten sowie die zunehmende Stärke des EP im europäischen Machtgefüge in anderen diskursiven Strategien niederschlage. Anschließend wurde darüber diskutiert, welche Interdependenzen sich zwischen den Abgeordneten des EP und dem Ansehen der Gesamtinstitution beobachten ließen, und ob sich der Geltungsgewinn der Institution positiv auf die Attraktivität des lange Zeit ungeliebten Abgeordnetenmandats ausgewirkt habe. Soldwisch identifizierte in diesem Kontext eine wesentliche Erfolgsstrategie des EP darin, dass sich dieses zusehends immer mehr selbst als machtvoll inszeniert und weitere Kompetenzen von Rat und Kommission offensiv eingefordert habe. Der sich daraus ergebende „Habitus der Bevormundung“ habe wesentlich zu den bedeutenden Machtgewinnen des EP beigetragen, die etwa im Vertrag von Maastricht oder jüngst der informellen Beteiligung an der Bestimmung des Kommissionspräsidenten im Zuge der Europawahl 2014 deutlich geworden sind.

Den Abschluss der Fachvorträge bildete eine Präsentation über die Forschungsförderung der EU durch die Soziologin JULIA STAMM (Brüssel / Berlin), die als Fachreferentin für Geistes- und Sozialwissenschaften für das EU-Wissenschaftsnetzwerk COST (Coopération européenne dans le domaine de la recherche scientifique et technique) gearbeitet und sich mittlerweile im Wissenschaftsconsulting selbstständig gemacht hat. Sie bilanzierte anhand der bisherigen Europäischen Forschungsrahmenprogramme (FRP) die Bemühungen der Europäischen Kommission Forschung als „europäische Kernkompetenz“ zu etablieren und gab einen Ausblick auf die in Zukunft zu erwartende Wissenschaftsförderung nach Ablauf des aktuellen Programms „Horizont 2020“.

Der Workshop wurde von MARIE-LUISE RECKER (Frankfurt am Main) beschlossen, die die wesentlichen Diskussionsergebnisse des Tages zusammenfasste. Sie hob besonders hervor, dass sich „Europäisierung“ als gewinnbringendes Deutungskonzept bewährt habe, das auch in Zukunft verschiedene Forschungsperspektiven unterschiedlicher Disziplinen miteinander verbinden könne.

Aus parlamentarismusgeschichtlicher Perspektive treten drei zentrale Anforderungen zukünftiger Europaforschungen zu Tage: Erstens gilt es Kompetenzen zu bündeln; vor allem die politikwissenschaftlichen Analysen der Mehrebenenpolitik der EU stehen für einen fruchtbaren Austausch mit der Geschichte der Internationalen Beziehungen bereit. Zweitens müssen die vorhandenen Bemühungen intensiviert werden, Europäisierung auch als eine gesellschaftliche Bewegung „von unten“[3] zu verstehen und der Erfahrungs- und Wahrnehmungsdimension der nationalstaatlich geprägten Bürgerinnen und Bürgern Europas mehr Beachtung zu verschaffen.[4] Dank dieser demokratiegeschichtlichen Perspektivenerweiterung können schließlich, drittens, Kontingenzen und Ambivalenzen der europäischen Integrationsprozesse angemessener berücksichtigt werden.[5] Dabei wäre es Aufgabe der durch ihre Expertise in Quellenkritik und Kontextualisierung ausgewiesenen Geschichtswissenschaft, das dialektische Wechselverhältnis zwischen der Orientierung an Nationalstaaten und den Integrationsschüben der Staatenunion als konstitutiven Faktor der Europäisierung deutlich werden zu lassen.

Konferenzübersicht:
Andreas Schulz (Berlin), Begrüßung und Einführung
Andreas Wirsching (München), Europäisierung und Globalisierung – zwei Forschungskonzepte aus historischer Perspektive
Andreas Maurer (Innsbruck), Europäisierung der nationalen Parlamente
Gabriele Clemens (Hamburg), Europäisierung als Projekt intergouvernementaler Politik?
Aron Buzogány (Berlin), Europäisierung der Parlamente Osteuropas
Martina Steber (München), Europäisierung der Parteien
Claudia Wiesner (Darmstadt / Jyväskylä), European Integration in
British, French and German Parliamentary Debates
Katja Seidel (London), Europäische Eliten
Ines Soldwisch (Aachen), »Konstrukteure Europas«. Die Selbsterfindung des Europäischen Parlaments in den Erweiterungsdebatten der EU
1979-2013
Julia Stamm (Brüssel / Berlin), »Europäisierung der Forschung« aus der Binnensicht der europäischen Forschungsförderung
Marie-Luise Recker (Frankfurt am Main), Resümee
Moderation: Tobias Kaiser (Berlin), Thomas Raithel (München)
Anmerkungen:

[1] Vgl. European Information and Research Network on Parliamentary History, (01.08.2016).
[2] Parlamentarische Kulturen in Europa im historischen Vergleich, (01.08.2016).
[3] Vgl. zu diesem bisher vornehmlich auf Osteuropa angewandten Ansatz vor allem Ralf Roth / Karl Schlögel (Hrsg.), Neue Wege in ein neues Europa. Geschichte und Verkehr im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2009; Karl Schlögel, Grenzland Europa. Unterwegs auf einem neuen Kontinent. München 2013.
[4] Zu den zivilgesellschaftlichen Akteuren der Europäischen Integration vgl. bspw. Jan-Henrik Meyer / Wolfram Kaiser (Hrsg.), Societal Actors in European Integration. Polity-Building and Policy-Making 1958-1992, Oxford 2013. Vgl. die Rezension von Jens Ruppenthal, in: H-Soz-Kult, 19.09.2013, (01.08.2016).
[5] Vgl. ebenso etwa die Rezension von Mathias Haeussler zu: Johnny Laursen (Hrsg.), The Institutions and Dynamics of the European Community, 1973-83, Baden-Baden 2013, in: H-Soz-Kult, 20.05.2016, (01.08.2016); sowie das Programm des an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt an der Oder) angesiedelten Forschungsprojektes „Ambivalenzen der Europäisierung“: (01.08.2016).

Bericht zur Tagung „Parlamentarismuskritik und Antiparlamentarismus in Europa“

September 01, 2016 By: Parlamentshistoriker Category: Konferenz

Tobias Kaiser und Jurij Perovsek haben für die Mailingliste hsozkult einen Bericht zur Tagung „Parlamentarismuskritik und Antiparlamentarismus in Europa“ verfasst, der hier mit der Erlaubnis der Autoren abgedruckt wird.

Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl); European Information and Research Network on Parliamentary History (EuParl.net)
7.5.2015-8.5.2015, Berlin

Bericht von Jurij Perovsek, Institute of Contemporary History, Ljubljana; Tobias Kaiser, Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl), Berlin

Der moderne Parlamentarismus wurde von seiner Entstehung an von Kritik und Gegnerschaft begleitet, die sowohl die Idee als auch die Institutionen betreffen konnten. Deshalb sind antiparlamentarische Strömungen oder Parteien ein durchaus häufig behandeltes Thema der Parlamentarismusforschung, zumeist fokussiert auf bestimmte Epochen oder einzelne Staaten. Auf der Tagung, die die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl) organisiert hat, sollten diese klassischen Forschungen aufgegriffen und bilanziert werden. Vor allem jedoch ging es darum, andere und neue Akzente zu setzen, die als Diskussionsangebot einer stärker kulturgeschichtlich orientierten Parlaments- und Parteienforschung zu verstehen sind.

Zum einen stand deshalb der internationale Vergleich im Vordergrund der Tagung, die in den Rahmen des „European Information and Research Network on Parliamentary History“[1] eingebunden und damit Teil eines schon bestehenden kommunikativen Austauschs internationaler Parlamentarismusforscher war. Zum anderen stellte sich die Tagung die Aufgabe, die übliche Differenzierung nach politischen Lagern zur Diskussion zu stellen und nach der Konsistenz übergreifender Argumente und Bilder in einem transnationalen Diskurszusammenhang zu fragen. Europa bildete, so eine Ausgangsüberlegung, von Beginn an einen weitgehend einheitlichen Resonanzraum parlamentarischer Kritik.

In der ersten Sektion der Tagung ging es vor allem um den Gegensatz zwischen einem ideal konzipierten Parlament und der tatsächlichen parlamentarischen Praxis. Wie MARIE-LUISE RECKER (Frankfurt am Main) in der Einleitung zur Konferenz hervorhob, wird dieser Gegensatz bereits durch die Persistenz eines antiparlamentarischen Diskurses in Europa veranschaulicht. Darüber sprach in der Keynote der Konferenz auch JEAN GARRIGUES (Orléans), der derzeit wohl profilierteste Parlamentarismushistoriker Frankreichs, dessen Beitrag die bisherige Forschung bilanzierte und anhand des französischen Beispiels vertiefte. Der Antiparlamentarismus begann mit der Französischen Revolution und entwickelte sich auf einer Ebene des aristokratischen Widerstands gegen Demokratie und republikanische Idee, der Nichtanerkennung der Legitimität der parlamentarischen Vertretung, des Misstrauens gegenüber neuen sozialen und politischen Eliten sowie der Missachtung von Wahlen und deren Ergebnissen.

PAUL FRIEDLAND (New York) und NICOLAS ROUSSELLIER (Paris) griffen ebenfalls das französische Beispiel auf, wobei Friedland explizit die Entstehung antiparlamentarischer Metaphern während der Französischen Revolution benennen konnte, wurde doch die Nationalversammlung als ein Gremium politischer Schauspieler gesehen, die sich einbildeten, etwas zu sein, was sie nicht waren. Friedland stellte den Antiparlamentarismus der Exekutive besonders heraus. Roussellier verwies auf die Kontinuitäten antiparlamentarischer Haltungen im 19. und 20. Jahrhundert, die sich aus dem allgemeinen antiparlamentarischen Repertoire der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts speisten.

Zur Konzeption der Tagung gehörte es, nicht bei einer chronologischen Abfolge oder einer regionalen Zuordnung zu verharren, sondern die oft erstaunlichen Gemeinsamkeiten der antiparlamentarischen Stereotype zu betrachten. Deshalb passte es gut, dass ADÉLA GJURÍCOVA (Prag) den Blick auf Ostmitteleuropa und auf das Ende des 20. Jahrhunderts lenkte. Sie zeigte, dass ausgerechnet Václav Havel, der erste frei gewählte Präsident der Tschechischen Republik, eine parlamentskritische, ja antiparlamentarische Haltung an den Tag legte, die in der Forschung und der öffentlichen Diskussion gerne übersehen wird. Diese Position Havels erklärt sich aus der vor 1989/90 in der Dissidentenbewegungen Ostmitteleuropas weit verbreiteten, so genannten „antipolitischen Politik“, die ihren Ausdruck in bewusst distanzierten „unpolitischen“ Agitationsformen fand und für die Oppositionellen von Bedeutung war, um einen gesellschaftlichen Aktivismus aufrechtzuerhalten. Im „antipolitischen“ Bestreben, einen Systemwandel herbeizuführen, fehlte aber eine parlamentarische Idee. Das kennzeichnete auch Havels Präsidentschaft der postkommunistischen Zeit. Dieser kritisierte systematisch das Parlament, das ihm zu langsam und zu unentschlossen erschien und das – anstatt des Volkswillens – vor allem die Interessen der einzelnen politischen Parteien vertrete. Havel mobilisierte die Öffentlichkeit gegen das Parlament und übte Druck auf Abgeordnete aus. Da er sich zudem bemühte, die Macht des Präsidenten gegenüber dem Parlament systematisch auszubauen, zeigt sich auch hier eine Form der Parlamentskritik durch die Exekutive.

G-Parl-Tagung �ber Antiparlamentarismus Gjuricova

Im Abschnitt „Medien und Arenen“ nahm THEO JUNG (Freiburg) die Tatsache, dass Parlamentarismuskritik und Antiparlamentarismus auch innerhalb des Parlaments selbst geäußert werden konnten, zum Anlass, das Parlament als Bühne der Kritik in den Blick zu nehmen. Er wählte als Beispiel den Reichstag des Deutschen Kaiserreichs und knüpfte vor allem an neuere kulturgeschichtliche Fragestellungen an, in denen es sowohl um die Wahrnehmung des Reichstags in der Öffentlichkeit geht, als auch um die Frage, in welchem Ausmaß die Abgeordneten über die Parteigrenzen hinaus einen „Esprit de corps“ entwickelten. Vor diesem Hintergrund untersuchte Jung, in welchem Maße außerparlamentarische Parlamentarismuskritik ihren Weg in den Reichstag fand und machte zunächst auf das Paradox aufmerksam, dass zahlreiche Abgeordnete an der Legitimität des Parlaments zweifelten. Sie forderten aber zumeist einen „wahren Parlamentarismus“, traten also für die Verbesserung des weitgehend akzeptierten parlamentarischen Prinzips ein, während sich ein systemfeindlicher Antiparlamentarismus im Parlament weniger fand.

Dieser entdeckte im 20. Jahrhundert stattdessen zunehmend die Straße als politischen Raum. THOMAS LINDENBERGER (Potsdam) stellte diese Arena der Politik in einem das 20. und frühe 21. Jahrhundert umfassenden Längsschnitt vor. Ausgehend von dem von Lindenberger mitentwickelten Konzept „Straßenpolitik“ machte er unterschiedliche Dimensionen der Konfliktaustragung deutlich: zum einen eine auf Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Ruhe ausgerichtete Politik „von oben“ mit allen politischen und kulturellen Folgen eines solchen Handelns; zum anderen die „von unten“ zum Ausdruck gebrachten politischen Positionen, die sich seit dem späten Kaiserreich in der Form moderner Straßendemonstrationen zeigten.

BARBARA WOLBRING (Frankfurt am Main) thematisierte die Rolle der Massenmedien als „Bühne und Tribunal“ des Parlamentarismus und begann ihre kritischen Überlegungen mit einer Zusammenstellung typischer parlamentarismuskritischer Klischees über den heutigen Bundestag. Sie stellte fest, dass die politische Debatte vom Parlament in die Fernsehtalkshows umgezogen sei, wo Politiker, Journalisten, unterschiedliche Interessensvertreter und Wissenschaftler über öffentliche Angelegenheiten in zahlreichen Sendungen diskutierten. Es gelte, sowohl über den Ortswechsel politischer Diskussion und deren Dauer als auch über die kategoriale Verschiebung der Politik nachzudenken, d.h. deren Anpassung an den Massengeschmack, der nur für das Fernsehen geeignete politische Schlagwörter akzeptiere, statt einen argumentativ begründeten Diskurs zu komplexen politischen Themen zu ermöglichen.

Bestandteil der Tagung war auch ein auf aktuelle Formen der Parlamentarismuskritik eingehender, persönlicher und weitgehend frei gehaltener Beitrag des Bundestagspräsidenten NORBERT LAMMERT am Ende des ersten Tages, der die Tagungsteilnehmer (und vor allem auch die ausländischen) sehr ansprach. Als einen wichtigen aktuellen Diskussionspunkt benannte Lammert die gesunkene Wahlbeteiligung, wobei er dazu aufrief, diese nicht per se als Zeichen des Antiparlamentarismus zu sehen und die womöglich berechtigte Kritik an konkreten Politikern nicht gleichzusetzen mit einer angeblichen, aber bei genauer Analyse nicht vorhandenen Ablehnung des parlamentarischen Systems. Damit gab er JAMES RETALLACK (Toronto) das Stichwort, der in seinem Vortrag die Kategorie des Nichtwählers untersuchte. Am Beispiel der sächsischen Wahlen in den Jahren 1867 bis 1918 zeigte er, dass die Nichtwähler keineswegs freiwillig „demokratische Abstinenz“ praktizierten (so wie ein Trinker, der einem Gasthaus ausweicht), sondern auf die ausschließende Praxis eines autoritären Staates reagierten und Protest gegen Zensuswahlrecht und indirekte Wahlen übten. Wie Lammert warnte er also davor, Nichtwählen mit der Ablehnung des parlamentarischen Systems gleichzusetzen.

KG-Parl-Tagung Vortrag von Bundestagspr�sident Lammert

Retallacks Vortrag eröffnete die dritte Sektion der Tagung „Akteure und Praktiken“, in der die politische Choreographie und die symbolischen Formen antiparlamentarischer Inszenierungen zur Diskussion standen. Gerade radikale Akteure setzten auf nicht-diskursive Strategien der Öffentlichkeitswerbung durch monologische Ansprachen, symbolische Kommunikation und emotionale Massenmobilisierung. Den technischen Möglichkeiten der jeweils genutzten Medien kam hierbei große Bedeutung zu. Antiparlamentarische Kritik musste sich den Strukturen und Logiken unterschiedlicher Mediensysteme anpassen. Eine der wirkmächtigen Formen der Verbreitung politischer Kommentierungen ist seit Bestehen einer modernen Öffentlichkeit die Karikatur, die Ausdruck des Antiparlamentarismus sein kann. ANDREAS BIEFANG (Berlin) stellte dieses Medium vor, wobei er das Motiv eines dem Wähler zugewandten – zumeist blanken – Hinterns als Beispiel herausgriff, das eine lange Tradition hatte und damit vom Betrachter schnell eingeordnet werden konnte. Im 18. Jahrhundert wurde es erstmals in Großbritannien für Parlamentarier verwendet; seit den 1830er-Jahren wurde auf diese Art und Weise das kritische Verhältnis gegenüber dem Parlament auch in Frankreich und Deutschland ausgedrückt.
Dass Akteure der Parlamentarismuskritik auch im Parlament sitzen konnten, nahm BENJAMIN CONRAD (Mainz) zum Anlass, die Obstruktion als eine spezielle Praxis zu untersuchen. Dabei nahm er die Strategien fundamentaloppositioneller Parlamentarier nationaler Minderheiten im Ostmitteleuropa der Zwischenkriegszeit vergleichend in den Blick und zwar in Lettland, Polen und der Tschechoslowakei. Die Strategien und Methoden derjenigen Abgeordneten, die mit ihrer Haltung Widerstand gegen einen fremdnationalen Staat leisteten, waren bewusste Inszenierungen, die auf die Öffentlichkeit der eigenen Wählergruppe zielten. Zu diesen symbolischen Handlungen gehörten der Boykott parlamentarischer Abläufe, das Stören von Sitzungen durch Singen von Liedern oder das Reden in der eigenen Sprache, die die Mehrheit der Parlamentarier zumeist nicht verstand.

Dass die Zwischenkriegszeit für das Thema besonders interessant sein kann, bestätigte auch PASI IHALAINEN (Jyväskylä), der in seinem konsequent vergleichend angelegten Beitrag die Diskussionen um den Parlamentarismus in Schweden und Finnland während und nach dem Ersten Weltkrieg analysierte. Die Politiker dieser Länder bewerteten den Parlamentarismus jeweils im Verhältnis zum westlichen (britischen und französischen) parlamentarischen System sowie dem deutschen und bolschewistischen Antiparlamentarismus. In Finnland bezogen sich Kritiker des Parlamentarismus auf den Gegensatz zwischen Erwartungen und Realität des parlamentarischen Lebens, vor allem angesichts der Hoffnungen auf tiefgreifende parlamentarische Reformen im Jahre 1906, die „die demokratischste Volksvertretung in der Welt“ verbreiten sollte. Die finnische und die schwedische Linke wurden durch das deutsche linksgerichtete Verständnis des Parlamentarismus beeinflusst, das bis zur Ablehnung des „bürgerlichen“ Parlamentarismus gehen konnte und sogar in den ersten Jahren Ideen eines bewaffneten Aufstands umfasste. Unmittelbar nach dem Jahr 1918 wurde in den beiden Staaten der „westliche“ bzw. „bürgerliche“ Parlamentarismus dann allerdings nur von der extremen Linken abgelehnt.

Nach diesem letzten thematischen Beitrag wurde die Tagung durch ein ausführliches Resümee von ANDREAS SCHULZ (Berlin) abgeschlossen. Er betonte, dass die Parlamentarismuskritik in Europa häufig die Verwirklichung der „wahren“ Demokratie forderte und nur selten destruktiv angelegt war, was auch für die Praxis der Obstruktionsparteien gelte. Andererseits aber seien auch extremistische Parteien im Parlament vor Strafsanktionen geschützt gewesen und – trotz ihrer radikalen Kritik des Systems und der undemokratischen Rhetorik – dem integrativen Sog des Parlamentarismus ausgesetzt. Ähnliches gelte auch für die Straße als Raum der Parlamentarismuskritik, obwohl das aktivistische Versammeln von Massen dem repräsentativen Prinzip widersprach. Der öffentliche Raum sei aber, so Schulz, selten ein Ort des Bürgerkriegs gewesen, sondern eher ein Symbol und ein Bereich der demokratischen Öffentlichkeit. In diesem Sinne komme es zu gegenseitigen Einflüssen zwischen der Demokratie auf der Straße und dem Parlament. Die Wahlabstinenz sei, so Andreas Schulz, ein „Normalfall“ systemimmantener Parlamentarismuskritik. Denn immerhin sei die demokratische Legitimität eines gewählten Parlaments per definitionem von der Wahlbeteiligung abhängig, weshalb zwischen der temporären „demokratischen Abstinenz“, dem Desinteresse an Politik an sich und einer prinzipiellen Ablehnung der Wahl unterschieden werden müsse. Besonders in den Blick nahm Schulz den Antiparlamentarismus der Exekutive, der in einigen Vorträgen eine Rolle spielte und prinzipielle Fragen der Machtverteilung eröffnet. Auch die veränderte Medienöffentlichkeit, die dramatisch den Druck auf die gewählten Volksvertreter im Hinblick auf Glaubwürdigkeit und Kommunikativität erhöht hat, wurde von ihm besonders betont. Seinen Beitrag zur Konferenz beendete Schulz mit der Erinnerung an den europäischen Referenzraum, in dem die Geschichte der parlamentarischen Kritik in Europa komplementärer Teil der Geschichte des europäischen Parlamentarismus sei.

Das Thema der Tagung eignet sich besonders gut für eine vergleichende Parlamentarismusforschung, in der Prinzipien und Standards parlamentarischer Systeme im neuzeitlichen Europa untersucht werden, da die Grundspannung zwischen Idealparlamentarismus und Praxiserfahrung als allgemeines Phänomen des Parlamentarismus genauer konturiert werden konnte. Opposition und Kritik begleiteten die Parlamentarisierung der europäischen Nationalstaaten von Beginn an; Parlamente sahen sich stets einer prinzipiellen Gegnerschaft ausgesetzt. Die Argumente und oppositionellen Praktiken der Gegenkräfte glichen sich oft auf verblüffende Weise.

Konferenzübersicht:
Marie-Luise Recker (Frankfurt am Main), Einführung in die Tagung
Jean Garrigues (Orléans), Keynote: Criticism of Parliamentarism and Anti-parliamentarism in Europe
1. Argumente und Bilder – Moderation: Remieg Aerts (Nijmegen)
Paul Friedland (Cornell, NY), „The Assembly that Pretends to be National“: Anti-Theatricality and Anti-Parliamentarism in Revolutionary France
Nicolas Roussellier (Paris), The impact of a repertoire: anti-parliamentarian attitudes in the French Republican experience
Adéla Gjurícova (Prag), Anti-politics and anti-parliamentarism: Václav Havel and the Czechoslovak parliament in the 1990s
Abendvortrag und offene Diskussion mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (Berlin)

2. Medien und Arenen der Kritik – Moderation: Carla van Baalen (Nijmegen)
Theo Jung (Freiburg), Das Parlament als Bühne der Kritik
Thomas Lindenberger (Potsdam), Die Straße als Politik-Arena im langen 20. Jahrhundert
Barbara Wolbring (Frankfurt am Main), Massenmedien als Bühne und Tribunal. Das Parlament in der Mediendemokratie

3. Akteure und Praktiken des Anti-Parlamentarismus – Moderation: Janko Prunk (Ljubljana)
James Retallack (Toronto), The Non-Voter: Rethinking the Category
Andreas Biefang (Berlin), „Kiss my rump“ – Zur Geschichte einer anrüchigen Bildfindung der Parlamentskritik
Benjamin Conrad (Mainz), Opposition durch Obstruktion: Zu den Strategien von Parlamentariern der nationalen Minderheiten im Polen und Lettland der Zwischenkriegszeit
Pasi Ihalainen (Jyväskylä), Royalists, republicans, revolutionaries: Criticism of parliamentarism in Swedish and Finnish debates and practices in comparison with Britain, Germany and Russia, 1917-19

Andreas Schulz (Berlin), Bilanz der Tagung

Anmerkung:
[1] European Information and Research Network on Parliamentary History,